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Berichte von Unternehmungen

Rubrik: Fahrten und sonstige Unternehmungen, Früjahrskletterfahrt in die Lombardei, Frühjahr 2005

Eingestellt am 29.05.2008 18:46 von Jens Köhler.

- Peter Bornhorn, Gerhild Jüttner, Jens Poggemann, Ronald Scheffler und Klaus Steube in der Lombardei -

Morgennebel schwebt über dem Luganer See. Wir steuern unser Fahrzeug weiter durch eine endlose Reihe von Ortschaften. Endlich, nach 2h quälendem „Stadtverkehr“ erblicken wir den Iseosee, unser Ziel. Im Ort Pisogne bietet uns der Campingplatz „Eden“ einen geeigneten Stützpunkt für unsere diesjährige Frühjahrsfahrt: eine Woche klettern liegt vor uns!
Blick über den Iseosee
Der Platz direkt am Ufer schenkte uns Sonne von 8.00 bis 20.00h; einige Klettergärten waren nur wenige Autominuten entfernt: noch am Nachmittag kletterten wir im T-Shirt an den ersten Felsen (Monticolo bei Boario) und stellten auch gleich fest, dass die Angaben in unserem italienischen Kletterbuch „nicht ganz“ mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Die Routen waren 60-80m lang (Schwierigkeit franz. 4a bis 5a) und gut mit Bohrhaken ausgestattet; der Fels granitähnlich, verlangte Reibungskletterei, bot aber auch Risse und Kanten.
Camping Platz Eden am Seeufer von Pisogne
Die warme Morgensonne tagsdarauf, motivierte uns in die Berge zu fahren: der Klettergarten Lantana beim Ort Castione lag auf ca. 1000m Höhe. Er empfing uns mit fantastisch rauhem Kalkfels und fingerfreundlichen Löchern und Rissen. An der ersten Wand klapperten wir alles ab, was zwischen Schwierigkeit 4c und 5c war. In einer Jahreszeit bei der für den Harz noch Anorak oder Fleece notwendig sind, kletterten wir auch hier im T-shirt.

Längere Routen versprach der Kletterführer für das Gebiet von Rogno unweit des Zeltplatzes:
Cheopspyramide bei Rogno
Felsklötze und Grate, die ähnlich wie im Okertal aus dem Wald herausragten, nur etwas größer. Bald standen wir am Fuß der „Cheopspyramide“ (s. Bild) und zählten anhand der Hakenreihen sechs Routen, im Kletterführer waren nur vier aufgelistet. Hhm! Der rote Granit, mit Kieselsteinen gespickt, erweckte keinen sehr festen Eindruck. Während das Trio Ronald-Gerhild-Peter sich an einem leicht aussehenden Grat versuchte, vertrauen Jens und ich auf zwei Italiener, die eine gekletterte Route als sehr schön anpriesen. Laut Topo waren es drei Seillängen (SL) und wie bei Mehrseillängenrouten üblich, waren die Hakenabstände im größeren Abstand. Entsprechend vorsichtig schob ich mich nach oben, das Gestein war in der Tat etwas „weich“. Die zweite Seillänge übernahm dann Jens und erwischte damit auch die Schwierigere. Die Schlüsselstelle, etwa 3-4m über dem letzten Haken, erforderte volle Konzentration aber auch Vertrauen auf die Reibungstritte und kleinen Felsschuppen. Überraschung am Standplatz: die letzte SL war ein nur 5m langer Quergang der zum steilen Abstiegspfad führte. Wir beschlossen der Dreierseilschaft, die noch am Grat war, zu folgen. Diese Route war länger, aber auch deutlich leichter (3b/4a). Beim Ausstieg trafen wir auf Peter, während Gerhild und Ronald bereits wieder unten in eine weitere Route gestartet waren. Also auch wir wieder bergab und in die Nachbarroute eingestiegen. Die neue Kletterei war sofort anspruchsvoller und kurz vor dem Stand kamen die schwierigsten Meter. Seil und Schwerkraft zogen ganz schön...(wo war eigentlich der letzte Haken?). Im Abstand von wenigen Metern legte ich zwei Zwischensicherungen und kurze Zeit danach - immer noch nicht am Bohrhaken angelangt - ertönte ein „klank“ : die Keile waren wieder draußen! Mit weichen Knien und feuchten Händen erreichte in den Standplatz und war froh, dass nun Jens wieder übernahm. Die zweite SL entpuppte sich als genauso schwierig. Auch hier, kurz vor dem Stand die Schlüsselstelle, für die Jens dreimal ansetzte. Aber letztendlich schwang er sich souverän über die glatte Kante: Jens war gut in Form; ein verlässlicher Seilpartner. - Alle vereint, machten wir uns auf die Suche nach etwas Leichterem. Jens und Ronald wollten eine Route mit 5 SL klettern, Gerhild und ich eine mit 4 SL (beide im Buch mit 4a beschrieben, allerdings ohne Topo). Wir folgten einem Pfad bis zu einen Pfeiler, den wir kurzerhand als den Richtigen definierten. Die erste SL war einfach, nur ein Haken, aber nach 30m ein Ring. Zuversichtlich kletterten wir weiter. Eine Steilstufe offenbarte sich als recht heikel, abweisend und u. E. ganz und gar nicht als 4a. Die dritte SL, gänzlich ohne Haken, überraschte uns an ihrem Ende mit einem 5m hohen Felskopf - der könnte auch irgendwo im Elbsandsteingebirge stehen. Die drei einsehbaren Seiten des Kopfes fielen senkrecht nach unten ab und das ganze Gebilde war nur durch einen kühnen Sprung zu erreichen. Nach Ermittlung unserer „Kühnheit“ erklärten wir die Tour als beendet und seilten einen Überhang in eine kleine Schlucht ab. Durch Dickicht ging es auf einem Pfad nach unten. Am Pfeilerfuß trafen wir auf Peter; er war nicht mit geklettert, sondern fungierte als Verbindungsmann zwischen den beiden Seilschaften. Später erfuhren wir, dass es Ronald und Jens ähnlich ergangen war: unklarer Verlauf, kaum Haken und teilweise schwerer als erwartet (vergleichbar mit alpinen Routen). Mit der Erkenntnis, dass unser Kletterbuch einige weitere Defizite beinhaltet, beendeten wir diesen Klettertag und strebten dem nächsten (kulinarischen) Höhepunkt entgegen.
Im Klettergarten von Castro. Westl Seeufer. Jens und Klaus "stehen Modell"
Der Besuch der Kletterfelsen von Castro und Predore - zwei Dörfer direkt am See – brachten uns denn vollen Klettergartengenuß: korrekte Routenbeschreibung, Orientierungstafeln und sogar ein Picknickplatz; das Klettern an festem, griffigen Kalk und der Ausblick auf den Iseosee begeisterten uns.
Im Klettergarten von Castro. Westl Seeufer. Jens und Klaus "stehen Modell"
Eine Ameiseninvasion unserer Rucksäcke konnten wir daher auch mit einem gelassenen Lächeln quittieren. Während die 5b Routen des Granits mir - noch beim Schreiben - Schauer über den Rücken jagten, waren hier im Kalk sogar die 5c’s entspannter. Die dicht gesetzten Haken trugen das ihre dazu bei.

Ein anderes Klettergebiet lag auf 1800m Höhe. Der Besuch dort artete, anstelle einer zünftigen Kletterei, in einer spannenden Autofahrt aus: Nach einer knappen Stunde Fahrt erblickten wir im letzten Ort ein durchaus lesbares Schild >chiuso< (geschlossen), welches eventuell den Zustand der Passstraße angab.
Der Bus schleicht sich die gesperrte Passstraße nach oben
Allerdings vertrauten wir mehrheitlich der Aussage eines sehr kompetent wirkenden Gemüsehändlers, aus dessen Wortschwall wir das entsprechende >aperto< (offen) entnahmen. So fuhren wir beherzt im zweiten Gang bergauf und wanden uns auf einspuriger Fahrbahn Kurve um Kurve der Passhöhe entgegen. Ein letztes Schild >chiuso< (s.o.) lachte uns neben einer offenen Schranke entgegen und die Bedenken eines einzelnen Beifahrers wurden demokratisch überstimmt. Im Schritttempo näherten wir uns der Passhöhe. Die Straße war übersät mit Steinen und Altschnee, dazwischen eine schmale Fahrspur; auf der Passhöhe dann einige Autos und Wanderer. Diese lösten eine gewisse Beruhigung aus und wir steuerten den 200m tiefer gelegenen Klettergarten an. Zugang über eine „sehr feuchte Wiese“, dahinter feste, hellgraue Granitplatten mit Schuppen (ähnlich der Warzenwand im Harz) inmitten einer tollen Bergkulisse. Leider setzte Regen ein, nachdem wir nur 2SL geklettert waren. Auf der Rückfahrt kam schon bald wieder die Sonne heraus, die auch den ganzen Tag am Iseosee geschienen hatte. –
Im Klettergarten von Predore. Westl. Seeufer. Gerhild und Klaus in Aktion
Im Klettergarten von Predore. Westl. Seeufer. Gerhild und Klaus in Aktion
Fazit: Sechs Tage klettern an schönen und nicht-ganz-so-schönen Felsen in warmer Frühlingssonne, Cappuccino in Straßencafés und ein Zeltplatz, der durchaus ein Geheimtipp sein kann. Mal schauen auf welches Gebiet wir uns im nächsten Frühjahr einigen. - Einige zieht es ja ans Meer nach Kroatien...

Klaus Steube
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