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Berichte von Unternehmungen

Rubrik: Allgemeines, Klettern in Südfrankreich: Sonne, Baguette und viele Bohrhaken

Eingestellt am 14.04.2008 12:19 von Jens Köhler.

Klettern in Südfrankreich: Sonne, Baguette und viele Bohrhaken

oder

2500 km für einen sechsten Grad – Leute der Hochtourengruppe in den französischen Kalkalpen

Mitte April fuhren fünf Gruppenmitglieder (Anita Trautmann, Silke Fähnrich, Olaf Schröder, Ronald Scheffler und ich) ca. 1200 km mit dem Auto zu einer Genusstour (morgendliches Baguette und Croissants, dann klettern an kurzen, senkrechten Felsen bis in den Nachmittag) nach Südfrankreich. Allerdings dauerte unser Unternehmen 8 Tage - aber keine Angst, ich hoffe nicht, zu einer langatmigen Tageschronik auszuholen....
Der bequeme VW-Bus reduzierte die Anstrengung der langen Nachtfahrt auf ein Minimum. Unser erster Kontakt in Südfrankreich ergab sich während eines Bummels durch das Städtchen Crest. Es war Markttag und das Angebot der Stände mit (Ziegen)käse, Honig, Lavendel oder Ölen stimmten uns langsam auf die „Provence“ ein. Der sprachliche Auftakt gelang durch den Erwerb von einigen Croissants, die wir in einem Straßencafe verzehrten. Am Rande der französischen Kalkalpen liegt das Dreiseelendorf Saou nebst zwei Campingplätzen. Unser avisierter Platz offenbarte sich als eine weitläufige Zeltwiese mit einer zentralen Sanitäreinheit (zwei Toiletten und Duschen), umrahmt von imposanten Felswänden, nebst dem Ziel unserer Begierden, dem Klettergarten (1,25 min vom Zelteingang entfernt; mittlere Gehgeschwindigkeit). Olaf drängelte – er sei schließlich zum Klettern hier– und stand kurze Zeit nach dem Aufbau der Zelte, ausgerüstet mit Klettergurt und den Routenbeschreibungen, bereit für die ersten sportlichen Aktivitäten des Tages. Am Fuß der Kletterrouten staunten wir nicht schlecht: jede zweite oder dritte Route war mit handflächengroßen Täfelchen markiert und die 15-20 m langen Kletterstrecken waren mit 5-7 Bohrhaken „gepflastert“. Als bekennende Plaisierkletterer nahmen wir diese Geschenke gerne an. Im festen Kalk, reichhaltig strukturiert mit Leisten, Löchern und Rissen, mal senkrecht, mal überhängend, dann wieder schräg auf Reibungsplatten balancierend, tobten wir uns bis zum frühen Abend aus. Ein Berg von Fleisch, zubereitet auf dem Hochtouren-Grill, und wer wollte, ein im nahen Bach gekühltes Bier, rundeten den ersten Tag ab.

Ein weiterer kulinarischer Höhepunkt bildete das echt-französische Abendessen des zweiten Tages im besten Restaurant des Ortes (es war das einzige). Wer neue Klettergebiete besucht, muss auch neue Speisen ausprobieren, und so bestellten wir nach langem Rätseln verschiedene Gerichte, von denen wir z.T. bis heute noch nicht wissen, was es eigentlich war.
In den südfranzösischen Kalkalpen - Foto: Silke Fähnrich
Hochmotiviert rückten Olaf und ich tags darauf einem steilen Zahn zu Leibe, während die anderen Drei nochmals im Klettergarten die letzten Routen suchen wollten. Doch unsere geplante 7-Seillängentour brachen wir bereits nach der zweiten Passage ab, als wir unterhalb eines düsteren und brüchig aussehenden Kamins nur noch einen einzigen (?), alten Schlaghaken vorfanden. Sollte dies 300 m so weitergehen? Und wie zurückkommen? Verunsichert traten wir den Rückzug an, um dann am Wandfuß noch drei kurze 5c Routen mit schönen Bohrhaken ausgestattet- zu klettern, bis uns dann die Mittagshitze zum Zeltplatz zurücktrieb. In Rekordzeit verfrachteten wir die Zelte in den Bus und nahmen Kurs auf das Hauptziel unserer Fahrt. Ca. 2 Autostunden, begleitet von Sturm- und Hagelschauern, brachte uns tiefer in die provencialischen Berge zum Ort Orpierre. Der Regen machte eine Pause und wir konnten auf dem Campingplatz drei aus Braunschweig bekannte Stimmen orten und wenig später die dazu passenden Personen begrüßen. In der nächsten Regenpause wurden die Zelte hochgezogen, sowie ein Versammlungs- und Kochplatz installiert. Orpierre liegt in einem weiten Talkessel mit hauptsächlich nach Süden und Osten ausgerichteten Felswänden. Es ist ein riesiger Klettergarten mit mehreren hundert Routen, verteilt auf verschiedene Massive, alle vom Campingplatz zu Fuß erreichbar und bietet Genusskletterei vom vierten Grad aufwärts. Fast alle französisch abgesichert, animieren gerade die kurzen Routen auch Wenig-Trainierte zum (fast) angstfreien Vorsteigen. Mehrseillängenrouten in Orpierre sind allerdings selten leichter als 5b.
Zahlreiche Kletterer turnten in den Routen, bunte Perlenschnüre auf hellem Gestein. Dennoch wenig Drängelei: War eine Tour „besetzt“ so wich man 5 m oder auch 2min weiter nach rechts oder links aus, um dann später die „Versäumte“ nachzuholen. Die Mehrzahl der Routen war kurz (15 bis 30 m) und so konnten wir trotz der ungeraden Zahl von fünf Leuten sehr viel klettern, denn ständig war eine(r) am trinken, essen, fotografieren, auf der Suche nach seinem Strumpf oder einem schattigen Platz. Denn tagsüber brannte die Sonne heftig, während die Nächte und das morgendliche Frühstück recht kühl waren. Zweimal ging es in längere Touren. Die erste, Olaf mit Torsten (von der anderen Braunschweiger Gruppe – dem wir auch diesen guten Tip für Südfrankreich zu verdanken haben), stiegen am Nachmittag (zu spät ?) in eine 150m lange 5c Route, um dann das letzte Drittel Wand und den Rückweg (ein schmaler Gipfelgrat) im Gewitterregen zu „rennen“ Die zweite Tour wieder Olaf, diesmal mit mir, in eine 5-Seillängenroute (5b mit A0) mit direkter Sonnenbestrahlung. Während wir in der Südwand schwitzten, vergossen Anita und Silke am Fuß der Felswand nicht weniger Schweiß in den kurzen Routen. Ronald holte derweil mit einem der anderen Braunschweiger seine, durch den Gewitterregen abgebrochene Tour des Vortages in einer anderen Ecke des Tales nach. Am frühen Nachmittag trafen wir uns alle am Felsmassiv „Vier Stunden“ um noch etwas „gemischt“ zu klettern, bis sich der eine Teil Richtung Campingplatz und Eisdiele aufmachte, während sich Olaf mit Ronald auf die Suche nach zusätzlich kurzen aber knackigen Routen begab. Morgens hatte Ronald beim Gang durch das Dorf einen Tisch in der Pizzeria bestellt und so beendeten wir den letzten richtigen Klettertag gemütlich bei Wein, Wasser und 40cm großen Pizzen. Gedanken und Gefühle wirbelten durcheinander: wechselseitig durchlebten wir nochmals besonders schöne Kletterpassagen (für kleine und große Leute), fabulierten über das geheimnisvolle Abendessen in Saou, einer freute sich über einen wiedergefundenen Strumpf am Fuß der Felsen, eine plagte das Heimweh. Wir belachten das Abendessen unter der Zeltplane im Gewitterregen (Hose mit Tomatensoße) – und schmiedeten bereits Pläne für den nächsten Tag: Die „Jungs“ zog es noch mal an die Felsen zum Fingerdehnen, während die „Mädels“ Tisch und Bett zusammenklappten (tolle Arbeit, vielen Dank!). Gegen Mittag saßen wir - teilweise noch dreckig und verschwitzt - im Auto, um in der Hitze des Tages die Rückreise anzutreten. Diesmal fuhren wir durch die Schweiz, kauften zuvor in Grenoble ein, übten Geduld im Stau von Genf, um dann nach nächtlicher Fahrt auf leeren Autobahnen am Sonntagmorgen gegen 6.00 Uhr in Braunschweig einzutreffen. Der Morgen war ruhig und schön - vielleicht hätte man im Harz oder Ith einen Zwischenstopp einlegen sollen.

Klaus Steube
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