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Berichte von Unternehmungen

Rubrik: Allgemeines, Unterwegs in Chile

Eingestellt am 10.06.2008 20:01 von Jens Köhler.

Unterwegs in Chile


In Wüste und auf Vulkanbergen


Teilnehmer: Holger Blume, Ronald Scheffler, Gerhild Jüttner
Planung und Organisation: Holger Blume.
Und so lief es ab:
Fr , 23 .11 2007 Flug von Hannover über Paris und Sao Paulo nach Santiago de Chile
Sa, 24 .11.2007 Ankunft, Übernahme des Mietwagens, Einkaufen, Zelten nördlich von Santiago nach Einbruch der Dunkelheit
So, 25. 11.2007 Fahrt nach Copiapo und weiter auf der Straße 31 Richtung Argentinien (Passo San Francisco), Abzweig in Richtung Laguna Rosa, Dunkelheit zwingt uns abseits des Weges einen Zeltplatz zu suchen (2500m Höhe)
Mo, 26.11. 2007 Weiterfahrt zur Laguna Rosa (Naturschutzgebiet, schöner Salzsee mit vielen Flamingos und auch anderen Vögeln), am Paß (4100m ) Spaziergang zur Akklimatisierung, Unterkunft im Refugio am See gefunden (3750m)
Di, 27.11.2007 Wanderung auf den nahe gelegenen Cerro Maricunga (4965m). Holger bricht vorzeitig die Tour ab, hat Rückenprobleme
Mi, 28.11.2007 Holger hat sich durchgerungen, die Tour abzubrechen. Wir fahren nach Copiapo zurück und setzen Holger schlechten Gewissens am Busbahnhof ab. Zu zweit zurück auf der 31 Richtung Passo San Francisco, bei Kilometer 226 von der Straße nach rechts zum Fuß des Tres Cruces Norte abgefahren, in 4500m Höhe Zelt aufgebaut
Do, 29.11.2007 Wegerkundung für die nächste höhere Lagerstätte
Fr, 30.11.2007 Wanderung zu einer Anhöhe von 5450 m
Sa, 1.12.2007 Geländefahrt auf 5100 m Höhe, Zeltaufbau
So, 2.12.2007 Spaziergänge, Auffüllen des Wasservorrates - Schmelzen von Schnee mit Sonnenenergie
Mo, 3.12.2007 Besteigung des Tres Cruces Norte (6030m), nochmalige Übernachtung in 5100 m Höhe
Di, 4.12.2007 Zeltabbau und Fahrt zur Laguna Verde (Salzsee mit grüner Farbe, Thermalquellen, 4300m)
Mit 5.12 2007 Fahrt zum Refugio Murray, 4500 m, Ãœbernachtung
Do, 6.12.2007 weiter bis an den Fuß des Vulkanberges Vicuna, (6067 m), wegen Problemen bei der Anfahrt und beim Aufstieg in Höhe 5500 m abgebrochen
Fr, 7.12.2007 Fahrt nach Copiapo (Permit für Grenzberge besorgen, Wasservorräte auffüllen , Internetneuigkeiten erkunden (Holger)) und zurück
Sa, 8.12. 2007 Fahrt zum Passo de San Francisco und Besteigung des Cerro de San Francisco, 6018 m
So, 9.12 2007 Ruhetag mit Spaziergang um die Laguna Verde
Mo,10.12.2007 Angriff auf den El Muerto (6488 m), Fahrt über das Basislager des Ojos de Salada in ein Nebental, von dort zu Fuß in ein Hochlager, 5500 m.
Di, 11.12.2007 Früher Aufbruch, wegen schwieriger Wegfindung auf dem Nebengipfel (6148 m) die Route beendet, Abstieg zum Hochlager, Abbau und Rückmarsch zum Auto, letzte Nacht an der Laguna Verde
Mi,12.12.2007 Abfahrt Richtung Santiago, am Pazifik bis La Serena vergeblich einen Zeltplatz gesucht, Ãœbernachtung im Hotel
Do.13.12.2007 40 km südlich von La Serena in der Bucht Guanaquero schönen Zeltplatz am Strand gefunden, zweimal dort übernachtet
Sa. 14.12.2007 Fahrt nach Santiago, Ãœbernachtung im Hotel
So.15.12. 2007 Übergabe des Autos am Flughafen und Flug zurück über Sao Paulo und Paris nach Hannover
Unser Ziel waren die Vulkanberge östlich von Copiapo , in einem Gebiet, das zur Wüste Atacama gehört. Copiapo, durch Silbergewinnung zu Ansehen gekommen, ist jetzt eine Hochburg des Kupferbergbaus. Bei unserer Fahrt zu den Salzseen auf eine Hochebene von etwa 4000m sahen wir viele Abzeigungen zu größeren und auch zu recht bescheidenen Minen. Am Wegrand lagen viele Steine mit blaugrünen Einschlüssen. Bei einem besonders schönen blauem Stein bat ich Ronald anzuhalten - große Enttäuschung, ein Witzbold hatte ihn mit Farbe angestrichen. Die Berge sahen aus wie riesige Abraumhalden, schimmerten aber dank der verschiedensten Mineralien in einem großen Farbenspektrum. Trotz Wüste haben wir nach der ersten Zeltübernachtung einen kleinen Flußlauf gefunden, in dem wir uns ausgiebig erfrischten. Das sollte aber für lange Zeit das letzte Mal gewesen sein.

Der erste Salzsee war die Laguna Rosa mit vielen Flamingos und auch anderen Vögeln. Hier übernachteten wir zweimal und sehr viele meiner Fotos sind von diesem schönem Naturparkareal. Am benachbarten Salazar Maricunga sind wir mehrmals vorbeigefahren. Es ist eine einzige feste Salzfläche, auf der es sich angenehm fahren läßt. Der zweite Salzsee, die Laguna Verde, zeigte , bis auf die ersten Morgenstunden, ein wunderschönes Grün. Es ist ein ansehnliches Gewässer und auch sehr fotogen. Sehr angenehm empfanden wir die Thermalquellen, die hier entsprangen. Zwei Becken waren mit Steinen umschichtet, die notdürftig vor dem Wind schützten. Der Hüter des Campingplatzes hatte in seiner kleinen Behausung auch ein Bassin mit Thermalwasser. Er war sehr freundlich und bot uns an, es zu benutzen. Nach sechs Tagen Zelten im Wüstensand waren die Bedenken gering, ob dieses mineralhaltige Wasser gesundheitsfördend sei. Jedenfalls fühlten wir uns nach dem Bade sehr wohl. Von den Flamingos sahen wir nur einmal kurz ein Paar. Ihnen war wahrscheinlich die Zusammensetzung des Salzwassers auch etwas zweifelhaft.
San Francisco
Die meisten Leute (aus den verschiedensten Ländern), die wir an den Lagunen trafen, wollten auf den Ojos del Salado, den höchsten Vulkan der Welt und höchsten Berg Chiles (6893m). Wir waren bescheidener nicht nur wegen des kostenpflichtigen Permits (160 Dollar für Ausländer). Für unsere Besteigungen im Grenzgebiet hätten wir auch ein Permit gebraucht. Wir versuchten, es in Copiapo zu bekommen. Die Genehmigung mußte aber per Fax von Santiago erteilt werden, und da winkte man in Hinblick auf die Kollegen in der Hauptstadt sehr bedauernd gleich ab; es war Freitag und schon Mittag. Und es ging auch ohne Permit. Bei Kontrollen der Grenzposten genügte es, mehrfach zu versichern, daß wir weder nach Argentinien wollten oder von dort kamen. Weitere Diskussionen scheiterten an der Verständigung.

Als ersten 6000er hatte Holger Tres Cuces Norte geplant. Er ist der niedrigste eines Dreiermassivs; dazu gehören noch die Gipfel Tres Cruces Central und Sur. Zur Akklimatisation zelteten wir zuerst 3 Nächte inmitten von Sanddünen in 4500m Höhe und 2 Nächte im Schutze eines Felswalls in 5100m Höhe. Es ist erstaunlich, wie wenig langweilig es in der doch eintönigen Umgebung während mehrerer Tage wird. Der Körper verlangt in dieser Höhe nicht nach großen Aktionen und der Geist begnügt sich mit der Betrachtung der Landschaft im wechselnden Licht und des nächsten Zieles vor der Nase. Zu unserer Verwunderung bewölkte sich der Himmel an zwei Tagen, aber es hatte keine weiteren Auswirkungen. Das Angenehme am Zelten dort war, daß Schuhe und anderes außen vor gelassen werden konnte,. Es blieb alles trocken. Nur mit dem Sand mußten wir lernen zu leben . Wir schlüpften mit Sonnenuntergang in unsere Schlafsäcke und blieben darin bis zum Sonnenaufgang, allerdings mit kleinen Unterbrechungen, der Akklimatisierung und der Nierenfunktion geschuldet . Bei unseren Nachtgängen bewunderten wir den üppigen Sternenhimmel. Der Wind kam meist gegen 11 Uhr, oft mit heftigen Böen. Deshalb empfahl es sich , bei Gipfeltouren trotz fehlender Spaltengefahr, früh zu beginnen.
Nacht in der Wüste
In der klaren und trockenen Luft und von einer 4000er Ebene gesehen, erscheinen die 6000er Gipfel greifbar nahe, leicht und schnell erklimmbar. Aber die Entfernungen sind viel größer. Leicht ansteigende Sandflächen entpuppen sich als mehrere Erhebungen mit Senken dazwischen. Pfade gibt es nicht, es sei denn auf dem Cerro San Francisco und wahrscheinlich auf dem viel begangenen Ojos del Salado . Als wir uns nach fünf Tagen an den Aufstieg zum Tres Cruces Norte wagten, nahmen wir einen anderen Weg, als wir vorher in Erwägung gezogen hatten. Wir ließen loses Geröll und Schneefeld rechts liegen und zogen leichte Kletterei im Felsgrat vor. Dabei ging es uns, wie oft erlebt. Nach einem bewältigten Felsgebilde türmt sich immer wieder ein neues auf. Irgendwann sahen wir aber den eigentlichen Gipfel, den wir von unten noch gar nicht erblicken hatten können. Die kleine Senke und die wenigen Höhenmeter bis zum Ziel fielen dann leicht. Unser Berg, mein erster über 6000m, bestand nicht nur aus schwarzem Lavagestein, sondern zeigte rotes grobkörniges Material. Ich habe natürlich einen Stein mitgenommen. Der Abstieg ging schnell. Auf sandigem Geröll rutschten wir nach unten. Nach dem Steilstück mußten wir sehr aufpassen, die richtige Längserhebung zu nehmen. Es sieht alles ähnlich aus und eine kleine Abweichung oben kann eine verzweifelte Suche nach Zelt und Auto weiter unten bedeuten. Wir verbrachten noch eine Nacht in 5100m Höhe. Am nächsten Morgen drängte ich zum schnellen Aufbruch zu den Thermen hinab. Mein Magen hatte mich die letzten Tage zur Diät gezwungen und mit niedriger Höhe wollte ich ihn milder stimmen.
El Muerto
Unseren zweiten Gipfel Vicuna, auch nur knapp über 6000m, erreichten wir nicht. Wir fuhren zu früh von der Piste ab. Unser Auto setzte auf einen Stein auf und wir buddelten eineinhalb Stunden., es zu befreien. Unser Anmarschweg war länger als vorgesehen und führte zusätzlich über ein sehr hinderliches Schneefeld mit den endemischen Penetentes. Gegen Mittag setzte der übliche Wind mit heftigen Böen ein. Wir wichen auf die etwas windgeschützte Bergseite aus. Dort lag aber ein übles lockeres Geröll. Wir gaben in 5500m Höhe auf. Ronald wollte den Aufstieg wiederholen, aber ich fand, daß es der Schotterberg nicht wert war. Der Cerro de San Francisco ließ sich gut bewältigen. Auf stetig ansteigendes sandiges Gelände ging es gleichmäßig voran. Ein sichtbarer Pfad führte bis kurz vor den letzten steileren Anstieg. Der Gipfel war eine kleine Hochebene und, um einmal nach Chile und zum anderen nach Argentinien zu schauen, bedurfte es einer kleinen Rundwanderung. Ronald suchte lange nach dem höchsten Punkt. Endlich fand er einen kleinen Aluminiumkoffer der Bank von Santiago de Chile und darin das Gipfelbuch.
Kleine Penetentes
Der Höhepunkt sollte der El Muerto werden .Er liegt vom Ojos del Salado nicht weit entfernt. Wir errichteten auf 5500m ein Hochlager Von dort mußten wir noch etwas höher steigen und eine Senke durchqueren, bevor der eigentliche Anstieg begann. Dabei verliefen wir uns in den Steinmassen .Wir hatten keinen genauen Überblick, wo wir uns befanden .Die Strategie, sich auf möglichst gangbare Weise nach oben zu bewegen, führte uns auf den Nebengipfel, immerhin auch ein Sechstausender (6148m, mein Rekord). Wir hätten etwa 150 m absteigen und 500m wieder hinaufkraxeln müssen, um auf den El Muerto zustehen. Das Gelände sah unangenehm aus. Der Aufstieg hatte schon viel Zeit und Kraft gekostet. Ich stimmte Ronald erleichter zu, hier abzubrechen. Wir hatten nur eine Nacht im Hochlager eingeplant und wollten am selben Tag zurück zur Laguna Verde . Ronald trauerte seinem Höhenrekord sehr nach. Es ist nur ein Schotterberg,, sagte ich mir, und die Aussicht Richtung Argentinien hatten wir auch von unserer Position. Im Nachhinein frage ich mich aber , ob es nicht doch möglich gewesen wäre, den Berg zu schaffen und danach noch eine Nacht im Hochlager zu verbringen. Auf dem Rückweg vom Hochlager zum Auto mußten wir keine Schneebrücken überqueren sondern Sandbrücken. Das Gelände hatte noch viele Schneefelder mit den typischen Penetentes, die in der trockenen Luft durch Sublimation entstehen, und auch fließendes Gewässer, das teilweise unter dem Sand verlief. Der Sand war fest gepackt, aber wenn die Schicht zu dünn wurde, konnten wir durchbrechen. Es war nicht gefährlich, aber mit dem schweren Rucksack und mit schwindenden Kräften unangenehm. Zum Glück waren die letzten Penetentes auch schon geschwächt und ließen sich mit einem Fußtritt beseitigen. Auf der Rückfahrt nach Santiago zelteten wir zwei Tage in einer schönen Bucht des Pazifik .Wegen des kalten Humboldtstroms sind die Campingplätze erst Januar/Februar geöffnet . Auch alles andere Gelände ist privat. Wir fanden einen Platz, auf dem der Besitzer anwesend war. Wir durften bleiben, direkt am Strand , mit Bäumen als Sonnen- und Windschutz, Holzterrassen zum Meer und breitem Sandstrand . An einem Steilhang am Ende der Bucht lag das Fischerdorf Guanaquero. Dort wurden Austern aufgearbeitet. Vor unserer Nase im Pazifik gab es eine künstliche Zucht. Die Austern wachsen auf Bällen, die im Meer verankert sind. Während der ersten Nacht hatten sich viele Bälle losgerissen und wurden an unseren Strand geschwemmt . Die Austern darauf lebten noch und ich konnte sie bestaunen.. Rettungsaktionen liefen den ganzen Vormittag . Austern haben wir nicht gegessen . Im Restaurant Molokai speisten wir dafür äußerst köstlichen Fisch , frisch und liebevoll zubereitet. Dazu schafften wir eine ganze Flasche ebenfalls köstlichen Weines. Noch ein Strandspaziergang zurück zum Zelt und wir hatten einen richtig schönen Urlaubstag verbracht. Gebadet haben wir auch, aber das war wegen der Wassertemperatur nicht tagesfüllend, aber für Mitteleuropäer und die Dorfjugend durchaus machbar.

Gerhild Jüttner
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