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Berichte von Unternehmungen

Rubrik: Fahrten und sonstige Unternehmungen, Lecco ist nicht Arco - Teil 1

Eingestellt am 28.06.2013 19:02 von Jens Köhler.

Lecco ist nicht Arco – Gruppenfahrt an den Comer See 2013
Vergleiche eines Veteranen

Seit mehr als 10 Jahren fahren Mitglieder der HTG im Frühjahr eine Woche zum klettern. War in dieser Zeit Arco am Gardasee der am häufigsten besuchte Ort, so fiel die Wahl in diesem Jahr auf die Region Lecco am Comer See. Zwölf Genusskletterer starteten an 27. April zur nächtlichen Fahrt durch den Regen und erreichten nach ca. 10 h den Campingplatz „due Laghi“ des kleinen Ortes Civate. Wasser war hier das beherrschende Element: Eine vielleicht 200 m breite Halbinsel zwischen 2 kleinen Seen sorgte dafür, dass wir links und rechts von unserem Campingplatz aufs Wasser blickten. Des Weiteren gab es Wasser von oben – es regnete immer noch – und auch von unten, denn der Boden war flächendeckend mit einer Wasser- und Schlammschicht bedeckt und nur eine kleine Uferböschung verhinderte, dass der See den Rest den Platzes in Besitz nahm. Fünf von uns hatten vor zu zelten (die anderen hatten einen Bungalow im Voraus gebucht) trafen aber angesichts der Lage eine der schnellsten Entscheidungen des ganzen Kletterwoche: Anfrage beim Platzherrn, ob noch ein zweiter Bungalow frei sei. „Si“ meinte der Chef „der Wasserstand ist dieses Jahr recht hoch“ (Übersetzung aus dem „Italienglisch“); erleichtert bezogen wir einen zweiten Bungalow, der aus gutem Grund auf 50 cm hohen Stelzen gebaut war.
Unser Campingplatz
Auf dem Campingplatz
Einschub 1: Die Anfahrt nach Arco dauert oft länger, aber man wird meistens mit Sonnenschein begrüßt, die Kletterfelsen lachen einen an und das Flüsschen Sarca liegt in einem tiefen Bett; eine Seite des dortigen Campingplatzes wird vom imposanten Bergmassiv des Colodri eingenommen, an dem man direkt die Felskletterer beobachten kann. Auf dem Einzug folgte der „Auszug“ : Einkaufen in den umliegenden Orten. Anschließend fuhren wir in zwei Autos los, um die ersten Felsen (von Galbiate) zu besichtigen. Nicht ganz einfach, da wir nur mit drei Navis und ohne Wanderkarte ausgestattet waren. Nach langem Waldspaziergang im Nieselregen (immerhin auf den Gipfel eines kleinen Plateauberges) fanden wir mit Hilfe des einzigen Wanderers, der bei diesem Wetter unterwegs war, die Kletterfelsen und konnten feststellen, dass sie unseren klettertechnischen Vorstellung entsprachen. Abstieg im Regen und Abendessen in der CPP (Campingplatzpizzeria; preiswert: 5-6€ und 1 ltr Wein für weitere 5 €).

Einschub 2: mehrere Klettergebiete in Arco lassen sich zu Fuß erreichen; der Aufstieg auf den Colodri ist ein leichter Klettersteig und man hat eine tolle Aussicht über den Ort Arco bis hin zum Gardasee. Der Rückweg durch den Ort führt an zahlreichen Eisdielen, Straßencafes und Restaurants vorbei – allerdings ist Eis, Cappuccino und Pizza deutlich teurer. Kaum zu glauben, derSonntagmorgen empfing uns mit Sonnenschein und alles sah sofort viel freundlicher aus. „Auf zu den Felsen von Galbiate“, gegenüber unserem See, nur getrennt durch ein Straßengewirr, das einer doppelt übereinandergelegten Acht ziemlich nahe kam. Fußgänger und Radfahrer wären hier in höchster Lebensgefahr. Wir verfuhren uns nur einmal, parkten am Ende einer Sackgasse und strebten auf schmalem, dafür sehr rutschigem Pfad Richtung Felsen, die hier Sektoren heißen. Diese Sektoren, 11 an der Zahl, reihten sich schräg oberhalb des Ortes am Hang auf; unser Sektor hieß Oasis und war derjenige mit den meisten leichten Routen (20-30 mit meist 15 und 25 m Länge, Schwierigkeit 4a bis 6a). Der Fels war geneigt bis steil, vorwiegend kletterte mensch an kleinen Leisten und Tritten, manchmal sogar versteckte Henkel, die es erlaubten lange Züge zu machen und dann auf Reibung anzutreten (sofern man diese Henkel fand und erreichen konnte). Hach, war das schön, den ganzen Tag klettern, nur unterbrochen von Ess- und Trinkpausen, oder dem Wiederauswerfen der entwerteten Nahrungsteile, die dann anderen, kleineren Lebewesen zur weiteren Verwertung dienten. Mit uns waren auch ein paar Italiener an den Felsen und sogar ein deutsches Paar, die ähnlichen Wetteroptimismus zeigten wie wir. Als am späteren Nachmittag die Italiener den Platz wie auf Kommando fast fluchtartig verließen, kam bei uns nur kurzzeitig Freude auf, denn in der Ferne machten sich Donnergeräusche bemerkbar. Die ersten Tropfen überredeten uns schließlich zu packen und zu verschwinden. Zwei Routen wurden abgebrochen, Susanne und Dirks steckten 50 m weiter oben in einer schwierigen Seillänge und bereiteten ebenfalls den Rückzug vor. Der Regen begann und geleitete uns nach unten. Mehr oder weniger nass (je nach Zieleinlauf) erreichten wir die Autos und kurze Zeit später den Campingplatz. Dort stand inzwischen das Wasser 10 cm hoch auf unserer „Zeltwiese“.

Der Montagmorgen begrüßte uns mit Regen. An klettern war nicht einmal zu denken. Team „Lecco-1“ fuhr in den gleichnamigen Ort, während „Team 2“ sich nochmals teilte und zu verschiedenen Wanderspaziergängen aufbrach. Vom Ort ist zu berichten das es eine Altstadt mit den üblichen engen Gassen gibt, ein Sportgeschäft (montags geschlossen), eine Buchhandlung die zwar Wanderkarten und Kletterführer feilbietet, jedoch keine Auskunft geben kann, wo denn die nächste Kletterhalle sei. Neben etlichen Modegeschäften findet man in Leccos Altstadt auch diverse Straßencafes, die aber entweder zu klein, zu voll, zu elegant oder einfach „nicht schön“ waren. Somit müssen wir gestehen, in keiner dieser Einrichtungen eingekehrt zu sein. Ebenfalls waren wir – sehr zur Erleichterung des Verfassers – nicht bei Mac Donalds (aber nur weil es dort zu voll war). Auch kann man bei Regenwetter an vielen Straßenecken Regenschirme kaufen – falls man nicht rein zufällig welche findet. Ob derselbe Verkäufer aus dem schwarzen Erdteil bei schönem Wetter etwa Handtaschen oder Sonnenbrillen anbietet, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen (dazu hätte der Urlaub länger dauern müssen). Uferpromenade und Yachthafen mag ansprechend sein, sofern die Sonne scheint und das „innere Ich“ nicht gerade auf klettern eingestellt ist.

Einschub 3: Bei Regen ist Arco auch doof, aber der Ort bietet zahlreiche Sportgeschäfte, in den man den ganzem Tag stöbern kann und auch immer wieder dieselben Wetterflüchtlinge trifft, um im quasi-familiären Verbund das gemeinsame Leid zu teilen. Und da manche Biker auch bei Regen radeln, kann man mit etwas Glück auch einen Platz im Inneren eines „schönen“ Straßencafes ergattern. Am Abend gabs Kochen, Essen, Wein-trinken jeweils in den Hüttenteams. Nach unbestimmten Aussagen soll es in der einen Hütte Dank ausgiebiger Vorräte zu einem recht heiteren Tagesabschluss gekommen sein, während es in der anderen Behausung wohl mehr bieder zuging und über anzusteuernde Kletterfelsen und alternativem Tagesprogramm gebrütet wurde. Der Regen der Nacht lies in den Morgenstunden nach und wir entschieden uns, zwei Ziele hoch über Lecco anzupeilen: Die einen zog es zu einem schweren Klettersteig (D), die anderen wollten Kletterfelsen besichtigen oder „nur“ wandern. Mittels Karte, Navi und Nase fanden wir einen guten Parkplatz in einem höher gelegenen Vorort von Lecco und zogen los. Nasses Gras und feuchte Erde umspielte unsere Schuhe und Hosen während wir im Wald noch oben stapften. Bald teilte der Weg die Gruppen. Die Klettersteigler strebten dem Einstieg entgegen, mussten aber beim Anblick desselben erkennen, dass es (noch) zu nass
Nasser Klettersteig
und matschig war und entschieden sich sinnvollerweise für den „Normalweg“ auf den Berg (Medale). Die andere Gruppe fand den Kletterfelsen (Placchette del San Martino; Settore Destro) auch dieser war etwas feucht; kurze Beratung, Clemens und Klaus verstauten ihr Seil und Gurt unter einem Überhang und gemeinsam zog die Vierergruppe den Weg weiter, neugierig wo er wohl enden würde. Es ging stetig bergauf bis zu einer Kapelle. Diese stand am Beginn eines leichtes Kraxelweges der auf einen Gipfel namens San Martino führte. Auf dem Haupte dieses Heiligen, immerhin ein stattlicher Fasteintausender konnten wir nicht
San Martino und Comer See
nur den Comer See erblicken, sondern in der anderen Richtung auf einem weiteren Hupf zahlreich bunte Flecken, die sich nach eingehender Betrachtung als unsere Klettersteiggruppe entpuppte. Rufen, winken, fotografieren: alle schienen zufrieden. Der Abstieg bracht uns wieder zum Kletterfelsen – inzwischen etwas trockener – und „welch ein Zufall“: hier lag ein Seil und Klettermaterial. Clemens und Klaus starteten durch, Gerhild und Marion ebenfalls, aber Richtung Auto um von dort noch ihre Sachen zu holen. Eine knappe Stunde später waren sie wieder da. Der Felsen war sehr rau, auch in den feuchten Rinnen, konnten die Schuhe noch Halt finden. Zurück am Campingplatz fanden wir an beiden Hüttentüren je einen Zettel mit dem geheimnisvollen Text: Halbpension Erste Platte / Grenze / Wasser 0,5cl, 5,50 € Auf Verabredung Sekunden / Grenze / Wasser 0,5cl 6,50 € Jeder realisierte „sofort“, dies war die Abendessenankündigung der CPP (Abk. s.o.). Wir interpretierten ferner zwei Gerichte, jeweils mit Vor- und Nachspeise, nebst Wasser für einen Sensationspreis. Voller Spannung fixierten wir 19.00 h mit dem Wirt und sammelten uns entsprechend kurz vorher, um dann an einer langen Tafel mit roter Tischdecke und weißen Sets Platz zu nehmen: ein vielversprechender Anfang! Aus einem perfekten italienisch-englisch-deutschem Sprachmix konnten wir als Speisevarianten Spaghetti oder Penne mit Pesto- oder Bolognesesoße herausfiltern (oder Pizza, aber die kannten wir ja schon), gemischter Salat plus Wasser mit und ohne. Wir ergänzten mit Wein, Saft oder Bier und keiner wagte nach „Grenze“ (s.o.) zu fragen. Das Essen kam rasch, zumindest die ersten drei Teller (Spaghetti Bolognese), große Teller die aus der Küche schwebten, ließen unsere Herzen höher schlagen, doch oh Schreck: der Inhalt was sehr, sehr überschaubar. Vielleicht nur der Auftakt und dann Nachschlag „ohne Grenzen“ (s.o.)? Die übrigen Teller folgen in einigen Anstandsminuten, alle ähnlich vollgefüllt (oder sollte man hier schreiben “leergefüllt“?). Dazu Brötchen satt – einige blickten dem nächsten Gang erwartungsvoll entgegen, andere auf die noch halbvollen (halbleeren) Teller der langsam Essenden. Der zweite Gang kam in Gestalt eines Salattellers (für jeden!). Aha! Die Nudeln waren also Vorspeise, nun gefolgt vom Salat und dann das Hauptgericht. (vielleicht Grenze?). Den Salat mischte sich - wie in Italien üblich - jeder selbst, dazu wieder Brötchen. Und dann kam die Grenze: Es handelte sich ganz einfach um das Ende, Schluss, Aus, Finito! (An der Grenze hört also alles auf – irgendwie logisch, im Nachhinein). Da viele Konflikte auf Kommunikations-probleme basieren, wollten wir diese nicht vertiefen sondern durch Bestellung von Kaffegetränken und oder Süßspeisen niedrighalten. Beim Bezahlen fragten wir vorsichtig (auf englisch), ob der Wirt wisse, wie denn der Wetterbericht des kommenden Tages sei und erhielten als Antwort, dass wesentliche Bestandteile des Essens am nächsten Abend Kartoffeln sind. Wir bedankten uns herzlich und sammelten uns zu ölft in Hütte 1 zu einem Umtrunk nebst Knabbergebäck. Alle wurden satt.

Einschub 4 : Die meisten „Geschäftstleute“ in Arco sprechen deutsch oder englisch. Allerdings hat man dann nicht so nette Anekdoten zu berichten wie aus Lecco. Die Portionen in den Pizzerias von Arco habe ich größer, aber auch teurer in Erinnerung.

Mittwoch: „Nicht schon wieder Galbiate“ kam es aus der einen Ecke, „das kennen wir doch nun“. „Ich will doch nicht stundenlang irgendwohin fahren, um dann im Regen Felsen anzuschauen!“ war von der anderen Seite zu hören. Wir hatten zwei Autos und so konnten die jeweiligen Fangruppen ihren Neigungen folgen und verschiedene Ziele ansteuern. Bei 11 Personen durchaus nachvollziehbar und auch vernünftig, denn kleine Gruppen finden leichter Platz am Felsen als große. Die sechs „Weitfahrer“ parkten ca. 35 min später das Auto auf dem großen Parkplatz der Seilbahn am Angelone (im Valsassina) und stapften den Waldweg in Richtung Felsen, von denen es ca. 20 Sektoren geben sollte, mit Ein- und (kurzen) Mehrseillängen-routen. Wir hatten uns einen Pfeiler ausgesucht, an dem laut Kletterbuch bis zu 4 SL möglich sein sollten. Da die Felsen nicht mit Namenschildern versehen waren, brauchten wir geraume Zeit unser Zielgebiet zu finden. Wir erkannten es schließlich daran, dass hier eine muntere Truppe von italienisch sprechenden Menschen lagerten (einige kletterten auch) die unsere Frage positiv nach beantworteten. Obwohl nur zu sechst (also drei Teams), waren die Routen für uns entweder zu leicht, zu grün, zu schwer, zu kurz oder zu besetzt. Abhilfe kam durch den Umzug einer Familie in eine andere Ecke der Wand. Für zwei Teams war nun Platz, 4 SL mit 4a/4b. Clemens und ich wanderten noch etwas unentschlossen am Wandfuß hin und her und spähten hinauf zu den längeren Routen. Aber leider waren unsere Favoriten besetzt und nach dem Palaver zu urteilen auch noch eine ganze Weile. Schließlich entschieden wir uns für die „deutsche“ Seite, sprich den anderen beiden Teams unserer Gruppe irgendwie hinterher. 3-4 SL waren geplant, die Routen sollten sich am zweiten Standplatz treffen und dann wieder verzweigen, quasi wie ein großes X, am Ende wieder treffen. Holger und Birgit waren schon fast am zweiten Standplatz, Gerhild und Marion auf einer Variante Rechtsaußen hinterher, noch etwas unterhalb vom Standplatz Nr.2. Wir nahmen uns mit Linksaußen die schwierigste Variante vor und ich begann. Trotz der dichten Hakenabstände, war es eine Zitterpartie: an diesen Routen war balancieren auf Reibungsplatten angesagt und bei einer 5b gibt’s nicht wirklich viel, zumal das unser zweiter „richtiger“ Klettertag war. Reichlich verschwitzt machte ich Stand und Clemens stieg – wie immer – völlig entspannt zu mir hoch.
Clemens - entspannt wie immer
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