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Berichte von Unternehmungen
Rubrik: Fahrten und sonstige Unternehmungen, Lecco ist nicht Arco - Teil 2Eingestellt am 28.06.2013 19:00 von Jens Köhler.-- Fortsetzung von Teil 1 -- Inzwischen war das „Quartett“ schräg über uns, zwei davon am Standplatz, die jeweiligen Partner waren am klettern. Also Warten! Wir beide klettern ca. 5 m weiter hoch und machte es uns auf einer mit Gras und Moos gepolsterten Nische gemütlich, ließen Füße und Seele baumeln und schauten von Zeit zu Zeit wie weit denn die anderen waren. Irgendwann war der Standplatz frei und wir traversierten im leichten Gelände dort hin. Es war wieder ein Nische, diesmal zum stehen, darüber teilten sich die Routen, unsere sollte gerade hoch gehen, die der anderen in einer Linkskurve auf gestuftem Fels zum (nicht sichtbaren) Ausstieg. Die anderen beiden Gruppen waren über uns, entweder am klettern oder auf der Suche nach dem nächsten Stand. Plötzlich flogen Steine, gefolgt von Rufen. Diese (Anm.: die Steine) polterten in hohem Bogen zuerst über uns hinweg; die Italiener am Wandfuß flüchteten. Weitere, diesmal größere Steine, flogen an mir vorbei: die Wandnische gab Schutz. Nicht so für Clemens, der direkt über mir in der ersten Aufpralllinie kletterte: er wurde getroffen und ich hörte ihn nun schimpfen. Ein höchst seltenes Ereignis bei Clemens, es musste also was Ernstes sein. Die Partien über uns hielten inne – es lag wohl sehr viel loses Geröll herum - und Clemens konnte nach den Schrecksekunden den Rückweg zu mir antreten. Der Finger war blutig, aber bewegungs-fähig. Wir zogen uns weiter über unsere eigene Route zurück, die abseits der Falllinie lag und kamen nach kurzer Zeit unten an. Inzwischen hatten sich die Wolken verdichtet und es fing wieder mal an zu regnen. Das Seil ließen wir am letzen Standplatz für die anderen hängen und widmeten uns erst mal der Versorgung des Fingers, brachten die Rucksäcke und Klamotten unter die Bäume, schüttelten die Ameisen aus und stärkten uns mit Schokolade. Es war ein kurzer Schauer, der Fingerverband hielt und wir beobachteten den Rückweg unserer vier Mitkletterer. Eine war genau in der Position wo die Steine zuvor Clemens erwischt hatten und kämpfte mit Seilsalat. Von unten sah das besorgniserregend aus, erst recht als der Seilknoten hochgezogen wurde und eine zweite Person am anderen Seil hinunterkam. Warum dauert das bei denen so lange? Unser Rufen und die gut gemeinten Ratschläge waren weiter oben kaum zu verstehen. Auch das von uns angebotene Seil in der „Sicherheitszone“ wurde nicht bemerkt. Irgendwann waren dann doch alle unten, der Regen hatte aufgehört und die Wand begann bereits zu trocknen. Etwas essen, trinken kurze „Manöverkritik“, für alle eine lehrreiche (und für Clemens schmerzhafte) Aktion. Unterm Strich: es hätte schlimmer kommen können. Die Italiener waren vor dem Regen (und Steinen) geflüchtet und wir spulten noch „schnell“ zwei leichtere Einseilllängenrouten ab, bis uns erneut dunkle Wolken zum Aufbruch überredeten. Begleitet von Minischauern stiegen wir diesmal auf kurzem Wege zum Parkplatz - unser Auto war das letzte. Auf dem Campingplatz wurde der Finger nochmals versorgt: schien nicht gebrochen, eine Schwellung und Platzwunde. Lust auf Kochen hatte keiner so recht und den Pizzabäcker hats gefreut. - Frühstück in der Sonne, wer hätte das erwartet. Die eine Hütte hatte Dank der Sprach-fähigkeiten mit ca. 65 Brötchen zu kämpfen (gedacht waren 15). Neue Kletterpläne reiften diesmal schnell: Zwei Autos, wieder zum Angelone, und ein Damen-Trio besuchte nochmals die Felsen von Galbiate (hin fahren, zurück laufen). Mein Auto lud das Trio ab und weiter ging es Richtung Angelone, wo wir fast zeitgleich mit dem Navi-dirigierten Bus ankamen. Diesmal sollte es ein Sektor am anderen Ende des Massivs sein, der Pfad führte uns auch fast hin. Im Kletterbuch war ein Foto der dort schwersten Route abgebildet, dies half uns schließlich unser Ziel zu identifizieren. Etwas schattig, dennoch fast trocken, Routen mit 1-2 SL, für alle etwas dabei; wir verteilten uns steinschlagsicher in der Breite. Ronald und Martin nahmen sich eine im Anfang feuchte Rinne vor, Holger begann Joris zu Platten mit 3 SL zu überreden, während Susanne und Dirks eine genussreiche 2 SL-Routen angingen. Ich durfte wieder mit ClemensÂ… als „warm-up“ eine kurze 4c, dann Wechsel auf die andere Seite des Massivs, wo Clemens zwei steile SL nach seinem Geschmack ausfindig gemacht hatte. Clemens trotz „Finger“ fit wie ein enger Kletterschuh, vorweg und ich „musste“ hinterher. Hui, diese Routen waren ja noch schwieriger als die von gestern; aber rau wie Reibeisen. In der zweiten SL rutsche ich gleich zweimal ins Seil und holte mir ein paar Abschürfungen. Aus unserer Perspektive konnten wir teilweise die andern beobachten und hören, weiterhin auch ein mögliches Ziel für den nächsten Tag ausgucken. Zurück am Lagerplatz wurden teilweise die Routen getauscht, die Rucksäcke auf Bäume gehängt (denn die Ameisen waren allzu neugierig), Fotos gemacht und dann gings an die Route auf dem Heimreise. Dank guter Vorbereitung kamen wir morgens nicht zu spät weg. Die Sonne strahlte wie nie zuvor und keiner bereute die Entscheidung nochmals Felsen zu suchen. Karte und Navi schickte uns von der Schnellstraße, die Como und Lecco verbindet, weg in die Hügel und gab uns einen weiten Blick auf die Ebene zwischen den beiden Teilen des Comer See frei, der wie ein umgekehrtes Ypsilon liegend den Rand der Alpen mit der Gesäßfläche (vulgärsprachlich: Poebene) verbindet. Am Ende einer kleinen Straße fanden wir einen kleinen Parkplatz und eine Schranke. Diese war offen und dahinter ging eine noch engere Straße weiter den Berg hinauf. Fahren oder laufen? Im Kletterbuch stand etwas von „Privatstraße, meistens geöffnet zum Parkplatz des Klosters“. Bevor Zweifel aufkamen, fuhr ein Auto an uns vorbei – die Insassen sahen nicht wie Mönche oder Nonnen aus. Also hinterher. Im zweiten Gang schraubten wir uns über das Sträßlein den Berg hoch, Kurve um Kurve; einmal an Wanderer vorbei, immer höher, gefühlte 5 km oder mehr, bis wir am Ende einen fast vollen (!) Parkplatz vorfanden, der uns signalisierte, dass „alle“ hier hochfahren. Vor uns breitete sich ein breites Tal aus mit hellem Laubwald und einigen Wanderwegen. Um uns herum viele Samstagsausflügler, keiner sah nach klettern aus (gut!) und an der einen Ecke des Wanderweges eine grobe Ãœbersichtskarte (auch gut!). Weit dürfte es zu den Felsen nicht sein, der Nase nach, den Weg entlang und wirklich nach einigen Minuten sah man einen hellen Kalkklotz am Hang aufragen, einige andere weiter weg (immer besser!). Die Wandhöhe war versprach mehr als 25 m Klettermeter, aber das Gewusel am Felsen das Gegenteil (schlecht). Wir wurden misstrauisch beäugt, geschätzte 30 Leute tummelten sich hier. (Kletterkurs? Familienausflug, die örtliche Klettergruppe?). Egal! Das Topo verriet: hier ist für uns kein Platz mehr. Einer der älteren Italiener war der englischen Sprache mächtig und empfahl uns, etwas abzusteigen, zu einem anderen, etwas kleinerem Felsklotz, „very nice“ den wir beim Aufsteig nicht beachtet hatten, weil laut Kletterbuch nur 2 Routen geschraubt waren. Also wieder etwas zurück. Hier waren nur 6 Leute zugange und es steckten deutlich mehr Haken in der Wand als 2 Routen hergaben. Warum nicht? Wir schätzen 8-10 Routen, das sollte reichen. Drei der Damen wollten nun doch nicht mehr, zogen sich zurück, um einen Spaziergang in der warmen Frühlingssonne zu machen. T-Shirt Wetter. Nun denn: 8 Leute brauchen maximal vier Routen! Gurt an, Exen abgezählt und los gings. Ob die Italiener, mit denen wir die Wand teilten vom deutschen Idiom angenervt waren oder ob diese einfach nur „fertig hatten“, war uns einerlei, als sie uns nach einer Stunde den Felsen gänzlich überließen und wir uns flächendeckend ausbreiten konnten. Einige Routen waren reinstes Genussklettern, nicht schwieriger als vielleicht 5a/b; andere zeigten Ihre „Zähne“ , begannen einfach und dann kurz vor dem Umlenker die „Schlüsselstelle“ , die nicht immer alle von uns schafften. Klaus Steube Zur Übersicht der Berichte |