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Berichte von Unternehmungen

Rubrik: Allgemeines, Von Hrensko über das Prebischtor zur Schneekoppe

Eingestellt am 14.04.2008 12:12 von Jens Köhler.

Von Hrensko über das Prebischtor zur Schneekoppe

Eine manchmal etwas abenteuerliche Weitwanderung

Im Frühsommer 2006 spuken bei Lisel und mir für einen Herbsturlaub die Begriffe

Riesengebirge und Schneekoppe

durch die Köpfe.

Kurze Anfrage bei Ute und Acki Schröder, die letztmalig zu DDR-Zeiten dort gewesen sind. Schnell einigen wir uns auf etwa zwei Wochen im September.
Für Lisel und mich gleicht die ganze Gegend eher einem großen weißen Fleck auf der Landkarte. Also erst einmal Unterlagen beschaffen. Ralf Hartzsch leiht uns ein Buch über Wanderungen in Nordböhmen zwischen Prebischtor und Schneekoppe. Und dieses Buch ist die Initialzündung, oder ist es doch nur eine fixe Idee, dass wir ......?

Nach kurzem Zögern stimmen Ute und Acki unserer Idee begeistert zu.

Wir werden von der Sächsischen Schweiz zur Schneekoppe wandern. Die Planung führt Lisel und mich in die Buchhandlung .... Wir bekommen auf Anhieb Kompaß-Wanderkarten 1 : 50.000, Ausgaben 2003 und 2006, mit den Blättern

2042 Böhmisch – Sächsische Schweiz
2048 Lausitzer Gebirge Isergebirge
2056 Riesengebirge.

Damit ist das ganze Gebiet abgedeckt. Wanderführer gibt es nicht. Auch das Internet hilft kaum weiter. So bleiben viele Fragen offen:
Wie zuverlässig sind die Karten, finden wir genug Übernachtungsmöglichkeiten, wie klappt es mit der Sprache,.....
Mehr als nur ein Hauch von Abenteuer umweht unsere weiteren Planungen und eigentlich auch die ganze Tour bis zum Ende.

Mittwoch, 6. September 2006
Endlich geht es los.
Das miese Augustwetter ist zu Ende. Ein herrlicher September liegt vor uns.
Früher Start in Braunschweig bzw. Hundisburg. Treffen in Dresden bei einem ehemaligen Schulfreund von Acki. In der ruhigen Wohnstraße bleiben unsere Autos etwa 1 1/2 Wochen stehen.

Straßenbahn zum Bahnhof - Eisenbahn zum Bahnhof Schöna - Elbfähre hinüber nach Hrensko (früher Herrnskretschen) - kurz nach 15.00 Uhr betreten wir tschechischen Boden ohne jede Grenzkontrolle. Die Info vermittelt uns ein Quartier in Janov auf der Hochfläche über dem engen stickigen Tal der Kaminíce, leider auf der falschen Talseite. Aber sonst ist alles super, besonders das reichhaltige Abendessen im Biergarten bei Pilsener Urquell.

Donnerstag, 7. September 2006
Die erste Hitzeschlacht

Die Sonne lacht - 4 km zurück nach Hrensko ins Tal der Kaminíce - hinauf zum Prebischtor - für die nächsten Tage hinein in die herrliche Landschaft Nordböhmens mit vielen grünen Kegeln, Tälern, versteckt liegenden Orten, freundlichen Menschen,.........
Weiter nach Mezni Louka - die Sonne brennt erbarmungslos auf die südlich geneigten Hänge - die Kiefern bieten nur wenig Schatten - der helle Sand wirkt wie ein überdimensionaler Backofen - der Weiterweg nach Jetrichovíce überrascht zusätzlich mit einigen steilen und längeren Auf- und Abstiegen.

Ute entdeckt eine Abkürzung - steigt mit Lisel und Acki ab - ich peile noch den hervorragenden Aussichtspunkt „Vilámínína sténa“ an - nicht ahnend, dass ich mir noch zwei zackige Anstiege einhandele. Es ist schon 18.15 Uhr, eine herrliche Abendstimmung läßt mich noch einige Zeit verweilen.

Um 19.15 Uhr sitze ich nach 29 km vor der Kirche. Ich habe unser Hotel nicht gefunden, werde aber dank Handy „gerettet“.

Freitag, 8. September 2006
Auf zur „Räuberburg“

Nachts ein gewaltiges Gewitter, morgens wolkig und angenehm kühl, später wieder sonnig und warm. Wir rollen gemütlich Kaminíce aufwärts nach Studeny - dann geht es ab in die Berge -..........- am Sedlo pod Studencem eine große Gämsenherde - ...... – schließlich der hohe Kegel des Tolstejn.

Unsere Wanderkarte zeigt das Symbol „Übernachtung“. Am Fuß des Berges jedoch nur ein Hinweisschild auf Restaurationsbetrieb. Kurzer Kriegsrat - dann mit vollem Risiko „Sturm“ hinauf zur alten Burgruine - soweit „Sturm“ nach 25 km noch möglich ist. Oben kleines Lokal - und Nachtlager - Duschen - gutes Essen und Trinken - herrliche Aussicht.

Samstag, 9. September 2006
Nur „Kirchenasyl“ hilft uns weiter

Der Morgennebel wird von der Sonne schnell weggebrannt. Bergab - bergauf - oft genau auf der deutsch/tschechischen Grenze - ..... - von Krompach hinauf zum Hvozd (Hochwald) mit einer Wetterstation der Kachelmann-Truppe - weit, weit entfernt schimmert der Jested, unser Ziel für morgen.
Noch 7 km hinunter nach Petrovice. Das einzige Lokal - genau gegenüber der Kirche - ist durch eine Hochzeitsgesellschaft komplett ausgebucht. Aber der Wirt ist ein sehr cleverer Typ.
Auf der Wiese vor der Kirche sitzen bereits ein Dutzend tschechischer Pilzsammler und essen und trinken. Der Wirt holt uns aus der Kirche noch einen Tisch und 4 Stühle, stellt sie in die Sonne, serviert uns das komplette Hochzeitsessen und macht folgendes Angebot:

„Ich eröffne am Montag 6 km von hier ein Motel. Ich fahre Euch dort hin. Ihr könnt dort duschen und schlafen. Morgen früh hole ich Euch zum Frühstück wieder ab.“

Unserem Wunsch auf Abholung um 7.00 Uhr stimmt er nur zögernd zu. Schließlich wird die Hochzeitsfete erst um 3.00 Uhr nachts oder später zu Ende sein.

Sonntag, 10. September 2006
Bis zum Jested (Jeschken) sind es 27 km.

Um 6.50 Uhr stehen wir fröstelnd in der Morgensonne vor unserem Quartier. Um 6.58 Uhr kommt unser „Chauffeur“. Um 3.30 Uhr hat er noch Hochzeitsgäste nach Hause gefahren.
Zum Frühstück reichhaltiges Resteessen - danach hinaus in den herrlichen Spätsommertag - leichter Raureif auf den Wiesen - dann schlucken uns die Wälder des Jestedsky hrbet, eines langgestreckten Quarzschiefergebirges mit etlichen Höhen zwischen 427 und 789 m und einem finalen Anstieg auf den Jested (1.011 m).

Schattige Wälder - herrliche Ausblicke - das ständige Auf und Ab schlaucht - eine kühle Quelle genau zur richtigen Zeit - und endlich leuchtet der Turm des Jested zu uns herunter - der Schlußanstieg kostet die letzten Körner - und die letzten Tropfen aus den Trinkflaschen. Fast fühlen wir uns auf die Strecke vom Scharfenstein zum Brocken verbannt.

Um 16.45 Uhr stehen wir vor einem 90 m hohen kopfstehenden Trichter, dem Sendeturm mit Sendeanlagen, Hotel und Restaurant mit viel Flüssigkeit für innen und außen.
Nach der Regeneration genießen wir auch die Sicht vom Jested, der die weite Landschaft im Rund um mehrere Hundert Meter überragt. Nach Nordwesten reicht unser Blick auf fast die ganze Wanderstrecke der letzten beiden Tage - gut 500 m genau unter uns die große Stadt Liberec (Reichenberg) - und weit im Osten - ganz klitzeklein - die Schneekoppe.
Den Sonnenuntergang haben wir noch genossen, aber ......

Montag, 11. September 2006
Ein gemütlicher Tag?

......... den Mond und den Sonnenaufgang haben wir verschlafen.
Heute soll es gemütlich werden - Seilbahn hinunter nach Liberec - ....

D e n k s t e ! -

Montagsvormittags ist immer Seilbahninspektion - also Abstieg auf Schusters Rappen - dann Straßenbahn ins Stadtzentrum - Besuch des prachtvollen Neorenaissance-Rathauses von 1893 - Straßenbahnfahrt ins benachbarte Jablonec nad Nisou (Gablonz an der Neiße) - in der Info reservieren wir Quartier in Nova Ves, dem Ort an der Neißequelle.
Der Bus fährt erst in 2 Stunden. Also doch noch ein heftiger Fußmarsch in der Nachmittagshitze. - Wie war das mit dem gemütlichen Tag?

Dienstag, 12. September 2006
Heute fahren wir Eisenbahn

Hinauf zum Cerna studnice (Schwarzer Brunnen ) - ein seltsamer Name für einen Berg - mit schönem Aussichtsturm. Zurück sehen wir den gestrigen Tag - nach vorn den langgestreckten Höhenzug Cernostudnicnr hrbet, weniger anstrengend als der Weg des Vortages - am Ende im Tal Tanvald - dahinter schon bald das Riesengebirge.
Die alte Zahnradbahn von Tanvald nach Korenov - die einzige nicht elektrifizierte normalspurige Bahn dieser Art in Europa - existiert leider nicht mehr. Also fahren wir 12 km normale Eisenbahn von Tanvald zum Bahnhof Harrachov für 14,00 Kronen (=0,50 EUR) pro Person.
Der Bahnhof liegt weit vor dem Ort. Nach einer halben Stunde erreichen wir eine stark befahrene Straße ins Zentrum - umgehen aber lieber den Ort in den Außenbezirken - machen am anderen Ende Quartier - und haben damit schon einen Fuß im Riesengebirge.

Mittwoch, 13. September 2006
Hinauf ins Krkonose (Riesengebirge)

Das eigentliche Abenteuer scheint zu Ende zu sein, denn ab heute verläuft unser Leben wieder in geordneten Bahnen.
6 Tage lang waren wir meistens allein „auf der Piste“. Nur selten sind uns Tageswanderer begegnet, Weitwanderer völlige Fehlanzeige. Nur an wenigen Brennpunkten viel Volk. Und ernsthaft verlaufen haben wir uns auch nicht, denn von 4 X 2 aufmerksamen Augen fallen selten alle auf die gleiche Tücke des Objektes herein.
Ab heute brauchen wir uns nur noch den Touristenströmen des Riesengebirges anzuschließen, aber die vielen Wegweiser stiften mit ihrer Fülle fast schon wieder Verwirrung.

Also - auf geht’s - Mumlavskatal aufwärts - auf der Hochfläche hinüber zur Pramen labe (Elbquelle) - über Martinova bouda hinunter nach Spindleruv Mlýn (Spindlermühle) - Quartier direkt am Gestade der Elbe.

Donnerstag, 14. September 2006
Die Schlussetappe .......

……..können wir mit leichtem Sturmgepäck bestreiten. Also wählen wir die anstrengende Variante einer Rundwanderung.
Über den Stará Bucharova cesta hinauf zum Kozi hrbety (1.422 m) - wegen des Anstiegs von über 700 hm nur wenige Wanderer unterwegs - auf der Hochfläche zur Lucni bouda (Wiesenbaude) - über die Hochmoore der Eiszeittundra zum Slaski Dom (Schlesierhaus) - auf der Grenze Tschechien/Polen in touristischem Massenansturm zur Schneekoppe (Snezka/Sniezka), 1.602,3 m.

Auf tschechischer Seite endet die Seilbahn von Pec pod Snezkou (Petzer) kurz unter dem Gipfel, von polnischer Seite von Karpacz (Krummhübel) in der Nähe des Schlesierhauses.
Keine lange Gipfelrast - der Weg ist noch weit - Abstieg zum Schlesierhaus - auf dem Grenzweg Cz/P zum Spindlerpaß an der Spindlerova Bouda (Spindlerbaude). – schnell, schnell - um 17.00 Uhr fährt der letzte Bus.
Um 17.30 Uhr sind wir auch an der Baude - ein Taxi kommt - zwei Frauen steigen aus - wir hinein - um 17.50 Uhr sind wir vor unserem Quartier. - Auch heute hat also doch noch alles geklappt.

Freitag, 15. September 2006
Wie kommen wir zurück nach Dresden?

Fahrpläne studieren - .... - .... - große Überraschung - jeden Samstag fährt ein Bus von Spindlermühle nach Berlin mit Zwischenhalt in Dresden - und morgen ist Samstag.
Wir ergattern die letzten freien Plätze mit den Nummern 41 bis 44 - und haben wieder Glück!
Nach der Pflicht noch die Kür - Besichtigung verschiedener Pensionen - Pension Adolf ist unser Favorit - für 2007 werden wir eine Gruppenfahrt ins Riesengebirge planen.
Dann noch ein gemütlicher Abend ......

Samstag, 16. September 2006
Die Glücksfee hat verschlafen

Um 8.00 Uhr soll unser Bus fahren - um 7.50 Uhr stehen wir auf dem Parkplatz - warten auf einen großen Bus mit mindestens 44 Plätzen. Großer Bus kommt - aber der fährt nach Prag - 8.10 Uhr immer noch kein Bus - Dame von der Info wundert sich, dass wir noch da sind - unser Bus ist um 8.00 Uhr gefahren.

Wie bitte?

Ja, der kleine, der ganz am anderen Ende des Parkplatzes stand. Der hatte aber höchstens 14 und keine 44 Plätze - und auch kein Hinweisschild „Berlin“ Keine Antwort, nur Achselzucken.
Unser Taxifahrer von vorgestern kommt vorbei - kurze Verhandlung - er fährt uns zum ZOB nach Liberec - 30 Minuten vor unserem kleinen Bus sind wir da.
Versuch einer Diskussion mit dem Busfahrer, warum er seine Schäfchen in Spindlermühle nicht aufgesammelt hat, scheitert an seinem unwirschen Wesen………
Auch die anderen 4 Fahrgäste, die in Harrachov zugestiegen sind, berichten von ähnlichen Schwierigkeiten. Mit 8 Personen - statt 44 - geht die Fahrt weiter.
In Dresden werden wir am Bahnhof von einem massiven Polizeiaufgebot in Empfang genommen. Nein , nicht wegen uns. In einer halben Stunde beginnt der Fußballschlager

Dynamo Dresden - 1. FC Magdeburg.

Und das Stadion liegt gleich neben dem Bahnhof.

Sonntag, 17. September 2006
Die Sonne lacht noch immer.

Unsere Autos waren noch da. Acki und Ute sind am Nachmittag gleich nach Hause gefahren. Lisel und ich bleiben noch einen Tag - sehen uns das neue Dresden an - steigen in die Kuppel der Frauenkirche - und fahren erst am Montagmorgen nach Hause.
Es war ein wundervoller, erlebnisreicher Urlaub.

Jürgen Koziol
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